Das Licht in uns – Geschichten von Paralympics-Champions

Shynar
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Jede Geschichte eines paralympischen Sportlers mit Sehbehinderung ist eine Lektion in Mut, Willenskraft und Beharrlichkeit. Ihr sportlicher Weg ist geprägt von der Überwindung von Zweifeln und Ängsten, mühsamer Vorbereitung und täglichen Siegen über sich selbst.

David Brown: Der schnellste blinde Athlet der Welt

David Brown wurde am 19. Oktober 1992 in Kansas City, Missouri, geboren. Als Kind litt er an einer schweren Kawasaki-Krankheit und erblindete im Alter von 13 Jahren vollständig infolge eines Glaukoms. Die ersten Jahre seines Lebens in der Dunkelheit waren voller Ängste und Sorgen um die Zukunft, aber gerade der Sport wurde für ihn zur wahren Rettung. Die Leichtathletik wurde zu seiner Leidenschaft und seiner beruflichen Berufung.

Im Jahr 2012 begann David unter der Leitung des Olympiasiegers Joaquim Cruz im Olympischen Zentrum in Kalifornien zu trainieren. Beharrlichkeit und Disziplin trugen Früchte, und David wurde der erste vollständig blinde Athlet, der 100 Meter in weniger als 11 Sekunden lief. Bei den Spielen in Rio 2016 gewann er Gold im 100-Meter-Lauf in der Klasse T11 und stellte einen Weltrekord auf.

Davids Training umfasst synchrones Training mit einem Begleitläufer, der ihm hilft, sich auf der Laufbahn zu orientieren. Anfangs hatte David Angst, die Kontrolle zu verlieren und sich zu verletzen, aber nach und nach halfen ihm sein absolutes Vertrauen in seinen Begleiter und sein Selbstvertrauen, diese Ängste zu überwinden. Genau so nehmen Sportler mit Sehbehinderungen der Kategorie T11 an den Paralympischen Spielen teil. Sie legen die Strecke Seite an Seite mit einem Begleiter zurück, mit dem sie durch ein kurzes Seil verbunden sind. 

Eleonore Sana: Belgischer Skisportstar

Eleonore Sana wurde am 1. Juli 1997 in Woluwe-Saint-Lambert, Belgien, geboren. Als Säugling wurde bei ihr Retinoblastom diagnostiziert, was zum Verlust ihres Augenlichts führte. Im Jahr 2014 stand Eleonore zum ersten Mal auf Skiern und erkannte, dass dies ihre Berufung war. Nur vier Jahre später gewann sie bei den Paralympischen Spielen 2018 in Pyeongchang die Bronzemedaille und war damit die erste belgische Athletin, die in dieser Sportart eine Medaille gewann.

Eleanor tritt zusammen mit ihrer Schwester Chloe an, die ihr als Guide auf der Piste zur Seite steht. Ihr Training umfasst anspruchsvolle Abfahrten, das Einstudieren von Teamaktionen und das Erreichen eines vollständigen gegenseitigen Verständnisses. Sana gibt zu, dass sie anfangs nicht nur Angst hatte, sich zu verletzen, sondern auch ihre Schwester zu enttäuschen. Die ständige Unterstützung einer nahestehenden Person half ihr, Selbstvertrauen zu gewinnen und internationale Erfolge zu erzielen.

Rebecca Catherine Redfern – der Stolz Großbritanniens im Para-Schwimmen

Rebecca Catherine Redfern wurde am 19. Dezember 1999 in Droitwich, Großbritannien, geboren. Sie leidet an einer Krankheit namens Achromatopsie, einer seltenen Erkrankung, bei der der Betroffene kein Farbsehen hat und die Sehschärfe extrem eingeschränkt ist. Trotz dieser Diagnose zeigte Rebecca schon früh Interesse am Schwimmen und begann bereits als Teenager, an nationalen Wettkämpfen teilzunehmen.

Im Jahr 2016, als sie gerade einmal 16 Jahre alt war, debütierte sie bei den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro und gewann die Silbermedaille im 100-Meter-Brustschwimmen in der Klasse SB13. Dies war ein Wendepunkt in ihrer Karriere. Sie trainierte weiter und überwand dabei ihre persönlichen Ängste, insbesondere die Angst, nach ihrem frühen Erfolg den hohen Erwartungen nicht gerecht zu werden. Ihr Training umfasst hochintensive Trainingseinheiten unter der Aufsicht erfahrener Trainer sowie die Zusammenarbeit mit Psychologen und Physiotherapeuten.

Nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 2021 kehrte sie zum Spitzensport zurück und bewies, dass man eine Weltklasse-Sportlerin sein und gleichzeitig Mutter sein kann. Bei den Weltmeisterschaften 2022 auf Madeira gewann Rebecca die Goldmedaille und bestätigte, dass sie nach wie vor eine der stärksten Schwimmerinnen ihrer Klasse ist. In einem Interview mit BBC Sport erzählte sie, wie wichtig es für sie ist, ein Vorbild für junge Mädchen zu sein, insbesondere für diejenigen, die mit Sehbehinderungen zu kämpfen haben.

Der Einfluss von Paralympioniken auf die Gesellschaft

Das Sehvermögen ist nicht die wichtigste Voraussetzung für Erfolg, denn das innere Potenzial und die Kraft des Geistes eines Menschen können Wunder bewirken. 

Viele Paralympioniken engagieren sich aktiv im sozialen Leben und sind Initiatoren wichtiger Veränderungen. So erzählt beispielsweise die berühmte US-amerikanische Leichtathletin Marla Ragnan, vierfache Paralympics-Siegerin und erste blinde Sportlerin, die bei den Olympischen Spielen für Sehende antrat, in ihrem Buch „No Finish Line“ davon, wie sie Schwierigkeiten überwunden hat, und inspiriert Menschen dazu, an ihre eigenen Kräfte zu glauben. 

Die britische Sprinterin Libby Clegg, zweifache Paralympics-Siegerin in Rio 2016, engagiert sich aktiv in Wohltätigkeitsprojekten und ist Botschafterin von Organisationen, die Menschen mit Sehbehinderungen unterstützen, und motiviert junge Sportler mit ihrem Beispiel.

Der blinde amerikanische Bergsteiger Erik Weichenmayer ist seit 2015 der bekannteste blinde Reisende der Welt. Neben dem Sport engagiert sich Erik auch sozial, er popularisiert den Sport, hält Vorträge und schreibt Bücher. Erik gründete eine Organisation namens „No Barriers“ (Ohne Barrieren) gegründet. Diese Organisation ist im Wesentlichen eine Bewegung, deren Ziel es ist, Menschen dabei zu helfen, Lebensschwierigkeiten zu überwinden, indem sie die Erfahrungen nutzt, die Eric in den Bergen gesammelt hat. 

Die deutsche Biathletin und Skiläuferin Verena Bentele engagiert sich aktiv in der Politik und im sozialen Bereich und setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Auf Vorschlag der Bundesministerin für Soziales, Andrea Nahles (SPD), wurde sie zur Beauftragten der Bundesregierung für Behindertenfragen ernannt. Bentele wird sich für die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung einsetzen. Die ehemalige Spitzensportlerin beteiligt sich aktiv an politischen Entscheidungen und verfolgt aufmerksam die entsprechende Gesetzgebung auf Bundesebene.

Paralympische Sportler mit Sehbehinderungen zeigen am eigenen Beispiel, dass die Grenzen des Möglichen viel weiter sind, als man gemeinhin annimmt. Ihre Geschichten, Biografien und Beispiele für sportliche Erfolge sind der Beweis dafür, dass man durch Beharrlichkeit, Unterstützung und Selbstvertrauen Ängste überwinden und sein Potenzial entfalten kann. Diese inspirierenden Persönlichkeiten erinnern uns daran, dass wahre Stärke nicht in körperlicher Perfektion liegt, sondern in der Fähigkeit, angesichts jeglicher Herausforderungen nicht aufzugeben.

Fazit

Jeder Schritt, der in Richtung eines Traums gemacht wird, ist wichtiger als alle Hindernisse, die sich einem in den Weg stellen. Die Geschichten von Paralympioniken mit Sehbehinderungen sind lebende Beweise dafür, dass Willenskraft, Selbstvertrauen und die Unterstützung von Angehörigen das Unmögliche möglich machen können. Der Erfolg von David Brown, der gelernt hat, schneller als alle anderen zu laufen, indem er seinem Guide voll und ganz vertraut; der Mut von Eleanor Sanna, die mit ihrer Schwester rasante Abfahrten bewältigt; die Beharrlichkeit von Rebecca Redfern, die nach der Geburt ihres Kindes zum Sport zurückgekehrt ist, sowie die Beispiele von Marla Ragnan, Libby Clegg, Erik Weichenmeier und Verena Bentele – all dies erinnert daran, dass das innere Licht stärker ist als jede Dunkelheit.

Man muss den Horizont nicht sehen, um sich darauf zuzubewegen. Es reicht, die Richtung mit dem Herzen zu spüren. Sport kann ein Weg zu Freiheit, Selbstvertrauen und neuen Möglichkeiten sein, und jeder kleine Sieg ist ein Schritt zu einem großen Triumph.

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