Neuseeland: Freiwillige als Grundpfeiler der Kultur der Unterstützung

LeRenard
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Im Leben Neuseelands im Allgemeinen und insbesondere bei der Organisation von Hilfe für Menschen mit Sehbehinderung baut vieles auf den traditionellen Ansichten der Māori-Gemeinschaft und dem Konzept des Whānau auf.

Whānau – Die Grundlage des Lebens

Was ist also Whānau? Was ist die Bedeutung dieses Konzepts für die gesamte Gesellschaft Neuseelands? Warum ist es notwendig, diese beiden Fragen zu beantworten, wenn man über die Hilfe für Blinde in diesem fernen Land spricht?

Der Hauptgrund liegt darin, dass sich Hilfe für Blinde im Gegensatz zu beispielsweise Australien hier weitgehend auf persönliche Beziehungen, gegenseitiges Vertrauen und ein Gefühl der Gemeinschaft stützt. In Neuseeland beinhaltet die Arbeit mit Menschen, deren Sehvermögen ganz oder teilweise eingeschränkt ist, weniger formelle Verfahren und mehr direkten Kontakt mit den Hilfsbedürftigen. Für die meisten Neuseeländer ist Hilfe nicht auf eine Dienstleistung beschränkt, sondern stellt einen natürlichen Akt der Fürsorge für den Nächsten dar. Wahrscheinlich genau aus diesem Grund gibt es in Neuseeland so viele Freiwillige, die nicht einfach nur tun, was sie können, sondern auch kontinuierlich für diejenigen da sind, die in ihrem Alltag auf Hilfe angewiesen sind. 

Was also ist Whānau?  Laut der neuseeländischen Enzyklopädie Te Ara umfasst das moderne Konzept von Whānau die historische Erfahrung von Generationen, beginnt aber immer beim Individuum. Das Individuum hat eigene Rechte, trägt aber auch Verantwortung – gegenüber der Familie, den Kindern, den älteren Menschen und zudem gegenüber denen, mit denen es im Alltag eng verbunden ist. 

In dieser kurzen Definition spiegelt sich wider, was den Kern der Freiwilligenarbeit und anderer Hilfe in Neuseeland ausmacht – Rechte und Verantwortung sind hier untrennbar. Man kann eine interkulturelle Ehe eingehen, sich scheiden lassen oder einfach von seinem Ehepartner trennen, aber dennoch seine Rolle und Verantwortung beibehalten. 

Blind Low Vision – Die Wichtigste Hilfsorganisation für Menschen mit Sehbehinderungen in Neuseeland 

Die größte Organisation zur Unterstützung von Menschen mit jeglicher Form von Sehbehinderung in Neuseeland ist Blind Low Vision NZ. Diese überaus beeindruckende Struktur Blind Low Vision arbeitet dennoch äußerst flexibel und berücksichtigt lokale und andere Gegebenheiten eines Ortes oder einer Gemeinschaft. Die Aufmerksamkeit für den Einzelnen – das ist das Motto dieser Organisation, was auch von denen bestätigt wird, denen sie geholfen hat.

Hier ist eine sehr kurze Liste dessen, worin Blind Low Vision, Menschen, die um Hilfe nachsuchen, Unterstützung bieten kann:

  • Hilfe bei der Auswahl adaptiver Technologien, die den persönlichen Bedürfnissen entsprechen. Schulung und anschließende Unterstützung. 
  • Unterstützung bei der Einarbeitung in die Nutzung von Sprachassistenten, GPS- und anderen Navigationsgeräten. 
  • Schulung in der Fortbewegung in der Stadt mit weißem Stock.

Bei dieser traditionellen und notwendigen Hilfe wird es immer einen Bedarf an Freiwilligen geben; mit ihr beginnt ein neues Leben für diejenigen, deren Sehkraft vollständig oder teilweise verloren gegangen ist. Eine Teilnehmerin des Mobilitätstrainings von Blind Low Vision brachte die Bedeutung dieser Hilfe für Blinde sehr treffend auf den Punkt:

“Als ich mein Augenlicht verlor, dachte ich, ich hätte auch meine Stadt verloren. Aber dank meiner Freiwilligen Meg — weiß ich wieder, wo die Apotheke ist, wo das Kaffeehaus ist und wie ich dorthin komme.” 

Man Selbst Bleiben

Oft scheint es denen, die zum ersten Mal mit blinden Menschen in Kontakt treten, als führten diese ein sehr eingeschränktes und sogar freudloses Leben. In gewisser Hinsicht trifft das auch zu, denn die Unfähigkeit, sich frei fortzubewegen – mit dem Auto selbstständig an einen Ort zu fahren, Rad zu fahren, gemütlich zum nächsten Einkaufs- und Unterhaltungszentrum zu spazieren – all das ist in der Tat schwierig und manchmal unerreichbar. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass das Bedürfnis nach Kommunikation und die Kommunikation selbst ein starker Antrieb für ein erfülltes Leben sind.

In einer Großstadt ist es natürlich viel einfacher, eine lokale Gemeinschaft von Blinden und Sehbehinderten zu finden, in der man Berufskollegen treffen, lesen oder Sport treiben, kochen lernen – von traditionellen Gerichten bis hin zu Meisterwerken der Konditorkunst – kann. Dabei helfen Freiwillige, die es verstehen, Teil solcher Treffen und dieses Umfelds zu sein, die unterstützen und helfen, während sie selbst Teil der Gemeinschaft sind.

Man selbst zu bleiben, wenn die eigenen Möglichkeiten ungemein eingeschränkt sind, ist sehr schwierig, und dabei kann die Art und Weise helfen, wie die Unterstützung, auch die ehrenamtliche, organisiert ist. 

Dafür ist es notwend, dass:

  1. Die Menschen im Mittelpunkt stehen und verstanden wird, dass jeder Einzelfall einzigartig ist. 
  2. Technologie den Kontakt mit Mitmenschen und der Außenwelt nicht ersetzt, sondern ihn lediglich verstärkt.
  3. Endlich ist ein Freiwilliger kein temporärer Gast oder externer Spezialist, sondern ein vollwertiger Helfer und sogar Partner.

Das Beispiel Neuseelands zeigt, dass die beste Hilfe für Blinde die Schaffung eines Systems ist, in dem der Mensch mit Sehbehinderung seine Stärke spürt und der ihm helfende Freiwillige seinen eigenen Wert erlebt. Aus einem Akt des Mitleids, was Hilfe bis heute sein kann, wird Respekt vor dem Menschen, und das ist die erstaunlichste Sache, die die Freiwilligenarbeit so lohnend macht.

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